Twisted Prisma

(eine pneumatische Installation)
Im Rahmen einer Studienarbeit entstand die Absicht, eine pneumatische, raumbildende Struktur zu bauen, die aus Erzeugnissen der industriellen Massenproduktion besteht. Das Projekt "Twisted Prisma" entstand unter, für die Architektur ungewöhlichen Bedingungen. Nur am Rande trugen Funktion, Programm oder Ort zur Formfindung bei. Gegeben war das Material (Polyamid-Schläuche aus Mortadella-Kunstdarm), sowie der Wunsch, Materialien unkonventionell aber sinnvoll zu verwenden, ihre Qualitäten zu entlocken, und die Installation sehr preisgünstig zu halten.
Das Ziel des Projekts war, vom Material ausgehend über die Konstruktion und erst dann zur Funktion und Form zu finden.

Die Installation wurde für das Structural Morphology Group (WG15) Symposium der IASS (International Association for Shell and Spatial Structures) entworfen, und im August 2000 im Lichthof der Bibliothek der TU Delft (Niederlande) errichtet.

Durch das differenzierte Anwenden der handelsüblichen Materialien, entstand für die komplette Struktur ein minimaler Kostenaufwand. Angewandt wurden:
- Kunstdarm, für Mortadellawurst
- Messingösen, für Segelplanen
- Flachgummiplatten, für die Wägen der Deutschen Bahn AG
- PVC-Schläuche, für Flüssigkeitstransport, lebensmittelgeeignet
- Alurohr, hergestellt für die Bau- und Möbelbranche

Die Installation definiert ein Volumen, dessen milchig-transparente Außenhaut als Projektionsfläche dienen kann. Betritt man den Körper, so erschließt sich dem Betrachter ein dynamischer Raum der transluzent-pneumatischen Welt.

Die Hülle der Installation besteht aus 33 identischen Schlauch-Schichten, die im Grundriß ein Dreieck mit 6 m Kantenlänge beschreiben. In aufgeblasenem Zustand (0,3 bar Innenüberdruck) verformt sich an den Ecken des Dreiecks der ansonsten kreisrunde Schlauchquerschnitt (13 cm) zu einem vertikalen Knick; gleichzeitig werden die drei Seiten durch die Umlenkkraft der Knicke dynamisch gekrümmt. Die so entstandene Überhöhung des Schlauches in den Ecken ergibt bei Stapelung der Dreiecksmodule ganz automatisch einen Versatz der Ecken, und somit eine Verdrehung der Module um ihren Mittelpunkt: es entsteht ein Rotationskörper.
Die dynamische Krümmung der drei Seiten des Körpers entsteht durch die Umlenkkraft, die in den Knicken erzeugt wird. An allen sechs Berührungspunkten zweier Dreiecke sind Segelösen in den Schlauch geschlagen. Mit Hilfe kleiner elastischer Steckschläuche werden die Schlauchschichten an diesen Stellen konstruktiv wie auch pneumatisch verbunden und bilden ein einziges, geschlossenes Luftkammersystem.

Auch die von der Projektgruppe entwickelten Details zeichnen sich durch die Verwendung überwiegend handelsüblicher Massenartikel aus. Die Luft wird durch ein in eine Segelöse gestecktes Autoventil (reversibel) eingeleitet, das zuläßt, den Innendruck der Installation genau zu regeln. Eine ständige Luftzufuhr wird somit nicht benötigt.

Der Entstehungsprozess war Teil des Konzeptes. Von Beginn an wurde die Arbeit in Wort, Bild und Ton als Film dokumentiert. So kann die Installation mit Hilfe der als transluzente Projektionsebene dienenden Schläuche ihre eigene Entstehungsgeschichte erzählen.



Entwicklung/Ausführung:
Projektgruppe Q: Miwa Mori, Fabian Brökelmann, Thomas Friberg, Christopher Hagmann, Matthias Köhler
Betreuung: Jürgen Hennicke
Universität Stuttgart, Institut für Leichtbau Entwurf und Konstruktion (ILEK), Prof. Dr.-Ing. Werner Sobek



veröffentlicht: DETAIL 2001-8, Glas 2002-1, fabric architecture 2002-1

ausgestellt: Bibliothek der TU Delft (August 2000) (Marmorsaal, Neues Schloß Stuttgart (Dezember 2000), Swissbau Messe Basel (Januar 2002), Universität Vilnius (September 2002)